Informationen für die Baupraxis –
Handwerk, Industrie und Verbände

© Josh Olalde | Unsplash

Raumbrände

Brandverlauf eines Raumbrandes

Ein Raumbrand verläuft, ohne äußere Einwirkung oder Interventionsmaßnahmen, üblicherweise in vier Phasen:

  1. Zündphase (Brandentstehung / Brandentwicklung)
  2. Flashover (Durchzündung)
  3. Vollbrandphase
  4. Abkühlphase
     

Jeder Brandverlauf ist unterschiedlich und hängt von den folgenden Einflussgrößen ab:

  • Brandlast (Art, Menge, Lagerungsart, Heizwert, usw.)
  • Ventilation (Menge des zur Verfügung stehenden atmosphärischen Sauerstoffs)
  • Wärmeabfluss (Öffnungen, Geometrien)
  • Interventionsmaßnahmen (Anlagentechnik, Feuerwehr, Nutzer)

Brandregime

Brandlastgesteuerte Brandverläufe:

Die Brandlast ist begrenzt, während ausreichend Sauerstoff zur Verfügung steht. Die zur Verfügung stehende Brandlast begrenzt damit das Brandgeschehen.
 

Ventilationsgesteuerte Brandverläufe:

Hier steht ausreichend Brandlast dem Brandgeschehen zur Verfügung, jedoch ist der Sauerstoff begrenzt. Ein ventilationsgesteuerter Brand tritt meist zum Ende der Entstehungsbrandphase bei geschlossenen Räumen auf.

Wie ein Flashover in einem Raum aussieht, zeigen die Bilder und Videos des National Fire Research Laboratory des National Institute of Standards and Technology (NIST).

Die Videos dazu finden Sie hier →

Weitere Daten und Analysen vom NIST finden Sie hier →

Phänomen - 2nd Flashover

Der 2nd Flashover ist ein besonderes Phänomen im Holzbau.

Dieser tritt auf, wenn innerhalb eines Brandgeschehens z.B. durch das (Teil-)Versagen eines Bauteils bzw. einer Bauteilsicht, eine neue, noch unverbrauchte Brandlast zur Verfügung steht.

Das Versagen einer Bauteilschicht tritt am häufigsten bei geklebten, schichtweise aufgebauten Holzbauteilen auf. Wichtig dabei ist die Unterscheidung der Ausrichtung/Orientierung der Klebefuge.

Das Phänomen des Abfalls der Holzkohleschicht kann sowohl bei Wand- als auch bei Deckenbauteilen auftreten.

Abbildung 1 zeigt den Aufbau einer massiven Brettstapel- bzw. Brettschichtholzdecke. Es ist zu erkennen, dass der Querschnitt gleichmäßig abbrennt. Ein Abfallen der Holzkohleschicht ist aufgrund der vertikalen Ausrichtung der Klebefugen nicht zu befürchten.

Abbildung 2 zeigt hingegen den Aufbau und den Abbrand bei einer Brettsperrholzdecke. Nähert sich die Abbrandgrenze der Klebefuge, kann es durch die Wärmeeinwirkung zum Versagen des Klebemittels kommen und damit zum Abfall der noch anhaftenden schützenden Holzkohleschicht.

Zurück bleibt die nächste Brettlage des Brettsperrholzes, welches jedoch noch keine schützende Holzkohleschicht aufweist. Damit steht dem Brandgeschehen eine neue Brandlast zur Verfügung, die zu einer Erhöhung der Brandraumtemperaturen führen kann.

Für Bauteile, bei denen infolge des konstruktiven Aufbaus ein plötzlicher Verlust der anhaftenden Holzkohleschicht („char fall-off“, früher auch „Delamination“) eintritt, ergibt sich damit einhergehend eine temporäre Zunahme der Abbrandrate (vgl. Abbildung 3).

Erläuterungen zu Abbildung 3 (nach EC 5 [1]):

1. übliche Abbrandphase
3. post-geschützte Abbrandphase
4. konsolidierte Abbrandphase

Abbildung 3: Abbrandrate für Holzbauteile, bei denen es zum charr fall-off kommt [1]


Brandverhalten - Feuerwiderstand

Allgemein

Brennbarkeit:

In der Brandentstehungsphase sowie in der Abkühlphase ist das Brandverhalten der verwendeten Baustoffe von entscheidender Bedeutung. Sie bestimmen, neben den Ventilationsbedingungen und der wirkenden Brandenergie, über den Brandverlauf im Raum.

Feuerwiderstand:

Der Feuerwiderstand beschreibt das Bauteilverhalten über eine gewisse Dauer (Feuerwiderstandsdauer). Das gesamte Bauteilverhalten ist insbesondere in der Vollbrandphase sowie, je nach Ausprägung, auch in der Abkühlphase entscheidend für die Brandausbreitung und Interventionsmöglichkeiten durch den abwehrenden Brandschutz.

Feuerwiderstandsfähigkeit:

Der Feuerwiderstand beschreibt das gesamte Verhalten eines Bauteils im Brandfall, also das Zusammenwirken zwischen Baustoffverhalten und dem Bauteilverhalten im Brandfall über eine gewisse Dauer. 

Brennbarkeit von Baustoffen

Baustoffe werden bauordnungsrechtlich (§ 26 - MBO) nach den Anforderungen an ihr Brandverhalten unterschieden in

  • nichtbrennbar,
  • schwerentflammbar,
  • normalentflammbar,
  • leichtentflammbar.
     

Nachgewiesen werden kann das Brandverhalten eines Baustoffs in Deutschland nach:

  • DIN 4102-1 (Deutschland) oder
  • DIN EN 13501-1 (Deutschland und Europa)

Feuerwiderstand von Bauteilen

Bauteile werden bauordnungsrechtlich (§ 26 - MBO) nach den Anforderungen an ihre Feuerwiderstandsfähigkeit unterschieden in

  • feuerbeständige,
  • hochfeuerhemmende und
  • feuerhemmende
     

Bauteile.

Tabelle 1: Zuordnung und Vergleich der Baustoffklassen

Die Einteilung in Feuerwiderstandsklassen (DE) bzw. Klassifizierung des Feuerwiderstandes (EU) erfolgt nach

  • DIN 4102 (z.B. F-Klassen; DE) oder
  • DIN EN 13501-2 (z.B. REI; DE und EU).
     

Der Feuerwiderstand beschreibt das gesamte Verhalten eines Bauteils im Brandfall.

Darunter fällt

  • das Baustoffverhalten (Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen) sowie
  • das Bauteilverhalten über eine gewisse Dauer (Feuerwiderstandsdauer).
     

Die Feuerwiderstandsfähigkeit wird über Dauer des Funktionserhalts gegenüber einer Normbrandkurve (z.B. Einheitstemperaturzeitkurve - ETK) beschrieben. Die Musterbauordnung unterscheidet dabei zwischen den Funktionen “tragende und aussteifende Bauteile” sowie “raumabschließende Bauteile”.

Die Prüfung nach einer einheitlichen Normbrandkurve (z.B. der ETK) bietet die Möglichkeit der vereinheitlichten Beurteilung und damit der Vergleichbarkeit des Feuerwiderstandes von Bauteilen.

Die ETK beschreibt in etwa die Vollbrandphase und vernachlässigt dabei aber die Brandentwicklungs- und Abkühlphase. Um auch andere Brandszenarien abzudecken, gibt es weitere standardisierte Brandkufen die u.a.

  • Naturbrände,
  • Bauteile außerhalb von Brandräumen sowie
  • Flüssigkeitsbrände
     

berücksichtigen (z.B. nach DIN EN 13501-2).

Im Forschungsvorhaben wurden zusätzlich drei repräsentative Naturbrandkurven festglegt und Bauteile und deren Anschlüsse sowohl nach den Naturbrandkurven und der ETK geprüft und verglichen.


Brandverhalten von Holz

Die Leistungseigenschaften Tragfähigkeit, Raumabschluss und Wärmedämmung lassen sich auch mit dem Baustoff Holz vollumfänglich erfüllen.

D.h. ein Holzbauteil kann einer Brandeinwirkung nahezu unbegrenzt lange Widerstand leisten. Es kommt nur auf die richtige Dimensionierung an.

Maßgebend sind hierbei

  • die Abbrandrate und
  • eine zum Einsatz kommende brandschutztechnisch wirksame Bekleidung.

Abbrandverhalten von Holz

  • Holz beginnt bei ca. 300°C zu brennen
     
  • Die Holkohleschicht, die sich bildet, schützt den nicht verbrannten Querschnitt im Inneren.
     
  • Man geht hier näherungsweise von einer konstanten Abbrandrate (ca. 0,65 – 0,7 mm/min bei Vollholz) über die Zeit aus.
     
  • Der Restquerschnitt muss während der entsprechend nachzuweisenden Feuerwiderstandsdauer (30, 60, 90 min) den Lastfall Brand tragen.

Brandschutztechnisch wirksame Bekleidung

Abbildung 9: Brandschutzbekleidung während einer Brandprüfung mit sich entwickelnder Rissbildung

 

Fähigkeit einer Bekleidung, bei einseitiger Brandbeanspruchung, das dahinter liegende Material für eine festgelegte Zeitdauer vor Entzündung und Verkohlung zu schützen.

Allgemeine Wirkung:

Dehydration des chemisch und physikalisch gebundenen Wassers

  •  beginnt bei ~ 40 °C
  •  nennenswert erst ab 180 - 200 °C

Schutzwirkung entfällt, mit verstärkter Rissbildung.

Welche Arten von Bekleidungen kommen i.d.R. zum Einsatz?

  • Gipskartonfeuerschutzplatten Typ DF (GKF-Platten)
  • Gipsfaserplatten (GF-Platten)
     

Informationen zu den TIMpuls-Untersuchungen zur Schutzwirkung verschiedener Brandschutzbekleidungen finden Sie hier →

Welche Auswirkungen kann der Holzbau auf den Brandverlauf haben?

Bei brennbaren Konstruktionen kommt es durch den möglichen Mitbrand zu einer Interaktion zwischen Baustoff- und Bauteilverhalten! Dadurch kann es auch zu einem etwas früheren Flashover oder einer verlängerten Vollbrandphase kommen. Pauschal kann die Frage nach dem Einfluss brennbarer Konstruktionen auf die Branddynamik von Raumbränden nicht beantwortet werden. Auch die Inneneinrichtung und weitere Randbedingungen wie z.B. die Ventilationsöffnungen können einen maßgebenden Einfluss auf die Branddynamik haben. Dadurch kann es auch in herkömmlichen Massivbauten zu größeren Brandereignissen kommen als in Gebäuden mit brennbaren Konstruktionen.


Fassadenbrände

Brandszenarien für Fassadenbrände

Bei Fassadenbrände lassen sich drei maßgebende Brandszenarien feststellen:

a) Brand eines benachbarten Gebäudes

b) Brand außerhalb des Gebäudes

c) Brand innerhalb eines Gebäudes

Bauordnungsrechtliche Schutzziele für Außenwände

Musterbauordnung (MBO) § 14 Brandschutz

„Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“

Musterbauordnung (MBO) § 28 Außenwände

„(1) Außenwände und Außenwandbauteile wie Brüstungen und Schürzen sind so auszubilden, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist.“

Flammenlänge bei Fassadenbränden

Die Flammenlänge an der Fassade ist kaum zu regulieren, da sie vor allem von der (mobilen) Brandlast abhängig ist.

Aber: Wie schon im Abschnitt zur Branddynamik bei Raumbränden beschrieben wurde, kann die Flammenlänge an der Fassade auch durch strukturelle Brandlasten (z.B. sichtbaren Holzoberflächen) beeinflusst werden. Daneben gibt es jedoch noch eine Vielzahl weiterer Faktoren, die dies mit beeinflussen. 

Unabhängig von der Flammenlänge muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass ein Mitbrand brennbarer Baustoffe im Bereich der Primärflammen nicht zu verhindern ist.

Die Begrenzung der Brandausbreitung erfolgt bei brennbaren Holzaußenwandbekleidungen über Brandsperren aus nichtbrennbaren Stahlblechen.

Die relevante Brandsperre, die die Brandausbreitung behindert, ist die Brandsperre über dem Geschoss, bis wohin die Flammenspitzen des Primärbrandes reichen.

Eine Sicherheit, alle denkbaren Brandausdehnungen an der Fassade zu erfassen, gibt es nicht.


Quellen

  1. EN 1995-1-2:2020 (E) Eurocode 5 – Design of timber structures Part 1-2: General – Structural fire design SC5.T4 2. Draft, May 3, 2020
  2. Engel, T., Werther, N. Structural Means for Fire-Safe Wooden Façade Design. Fire Technol 59, 117–151 (2023). doi.org/10.1007/s10694-021-01174-2